
Liebe Patientinnen und Patienten,
Wie bereits in der regulären Juli-Ausgabe unseres Newsletters angekündigt werden wir im Rahmen eines Modell-Projekts eine Zweigstellenpraxis eröffnen.
Gestern hat unser Kooperationspartner – die Stadt Bräunlingen – die Eröffnung der Zweigstelle in einer Pressemeldung mitgeteilt.
Hierzu möchte ich Ihnen heute gerne nähere Informationen geben und Sie aber auch zu Rückmeldungen und Rückfragen ermutigen.

Warum eine Zweigstelle? Zu wenig Arbeit?
Nein, ein Fehlen an Arbeit oder gar Langeweile ist mit Sicherheit nicht der Grund für dieses Projekt.
Seit meinem Gang in die Niederlassung, der bereits 2013 mit der Weiterbildung zum Allgemeinmediziner begonnen hat, beschäftige ich mich kritisch mit dem Beruf des Hausarztes, dessen Rolle in Gesellschaft und Medizin und vor allem den Möglichkeiten, die hausärztliche Versorgung der Bevölkerung nachhaltig zu verbessern.
Betrachtet man die Entwicklung, so muss man sich eingestehen, dass alle bisherigen Maßnahmen des Gesetzgebers und der Ärzteschaft, den Beruf Hausarzt attraktiver zu machen und für flächendeckenden Nachwuchs zu sorgen keinen großen Erfolg beschert haben.
Über die Gründe kann man viel spekulieren, ich persönlich denke, dass das Prinzip des Alleinverantwortlichen Freiberuflers mit allen wirtschaftlichen und medizinischen Risiken und Herausforderungen immer mehr junge Kolleginnen und Kollegen abschreckt. Ich selbst liebe meinen Beruf und wollte auf keinen Fall zurück in den stationären Sektor der Medizin wechseln. Aber offen gestanden kann ich keinem jungen Kollegen in der heutigen Situation mit wirklich gutem Gewissen zum Schritt in die hausärztliche Selbstständigkeit raten. Zu groß sind die administrativen Hürden, zu erdrückend der Verwaltungsaufwand und der Kampf um ein ausreichendes Einkommen ist insbesondere dann frustrierend, wenn man seine Praxis auf einem gehobenen medizinischen Niveau führen möchte und seinen Arbeitsalltag nicht fortwährend ausschließlich nach den Vorgaben und Bestimmungen gestalten will.
Bisher hat man versucht, die vielen bestehenden Vorzüge des hausärztlichen Berufs durch finanzielle Anreize – meist durch die verzweifelt suchenden Gemeinden – zu untermauern und auf diese Art potentielle Kandidaten aufs Land zu holen. Darüber hinaus haben sich einige sehr innovative Verbünde zusammengeschlossen, wie z. B. die Donau Docs im Landkreis Tuttlingen oder die über die Universität Heidelberg organisierte Verbundweiterbildung Allgemeinmedizin, über die ich selbst meine Weiterbildung zum Hausarzt absolviert habe.
Nichtsdestotrotz sehen wir die Entwicklung, dass immer mehr hausärztliche Kollegen keinen Nachfolger für die Praxis finden und sich die Versorgung der Bevölkerung dadurch in der Zukunft noch weiter verschlechtern wird.
Also muss man sich die Frage stellen, worauf denn junge Kolleginnen und Kollegen Wert legen, wenn sie beurteilen, ob der hausärztliche Beruf eine echte Alternative darstellt. Und hier kommt man immer wieder zu denselben Ergebnissen:
- Geregelte Arbeitszeiten
- Ein planbares Einkommen
- Geregelter Jahresurlaub
- Absicherung im Krankheitsfall
- Keine alleinige fachliche Verantwortung / Möglichkeit zum fachlichen Austausch mit Kollegen / Vorgesetzten
Also ist es in vielen Fällen weniger der Beruf Hausarzt, der abschreckt, sondern die Selbständigkeit. Und diesem Umstand kann man durchaus entgegenwirken.
Bereits seit eine ganze Weile arbeite ich nun an einem Konzept, wie aus einem Konstrukt aus Hauptpraxis und Zweigpraxen unter der Verantwortung eines Arztes mit angestellten Kolleginnen und Kollegen eine Verbesserung erzielt werden kann. Dieses Prinzip ist nicht neu und nicht wenige fachärztliche Kollegen (z. B. in der Augenheilkunde) zeigen uns seit vielen Jahren, dass mit so einem Konzept der Spagat aus flächendeckender Versorgung, guter medizinischer Leistung und wirtschaftlichem Erfolg gelingen kann. Im hausärztlichen Bereich ist diese Herausforderung etwas größer, da darüber hinaus die menschliche Nähe zum Patienten und die Investition von Zeit für den Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung zu den wichtigsten Faktoren zählen.
Ob ein solches System nun Erfolg haben kann und die hausärztliche Versorgung dadurch langfristig verbessert werden kann, muss zwingend in einem Feldversuch erörtert werden.
Und zu diesem Zweck habe ich mich auf die Suche nach einem Kooperationspartner gemacht, der Interesse daran hat, etwas Neues auszuprobieren und mit mir zusammen etwas Pionierarbeit auf dem Gebiet der ambulanten Medizin leisten möchte.
Mit tatkräftiger Unterstützung der Wirtschaftsförderung Schwarzwald-Baar-Heuberg bin ich so mit Herrn Bürgermeister Bächle aus Bräunlingen zusammen gekommen.
Warum nach Bräunlingen?
Um im Bereich der hausärztlichen Medizin einen Versuch wie den beschriebenen zu starten, müssen ein paar grundlegende Voraussetzung erfüllt sein. Zu allererst muss natürlich Bedarf bestehen.
Die Stadt Bräunlingen verfügt mit über 6000 Einwohnern derzeit über drei Medizinier, die die hausärztliche Versorgung abdecken. Insbesondere in Hinblick auf die Zukunftssicherung kann man also durchaus den Bedarf einer zusätzlichen Arztpraxis vor Ort feststellen.
Darüber hinaus präsentiert sich Bräunlingen als möglicher Standort äußerst attraktiv, was die Erreichbarkeit und die Infrastruktur der Gemeinde betrifft.
Der mit Abstand wichtigste Faktor, der aber erfüllt sein sollte ist die Motivation zur erwähnten Pionierarbeit. Und hier haben sich Herr Bürgermeister Bächle und ich bereits beim ersten Gespräch auf derselben Wellenlänge gesehen und freuen uns nun sehr darauf, das Projekt in die Tat umzusetzen. Positiven Zuspruch und tatkräftige Unterstützung haben wir zudem von Herrn Dr. Schlieper erhalten, der die Bräunlinger Apotheke betreibt.
Wie wird das ablaufen?
Vorab auch hier nochmal meine Zusage: für Sie als Patienten der Schwenninger Hauptpraxis wird sich nichts ins Negative verändern. Die Öffnungszeiten bleiben dieselben, die Leistungen hier am Hauptstandort werden nicht eingeschränkt und auf mich als Ihren Hausarzt in Person dürfen Sie Sich auch in Zukunft verlassen!
In Bräunlingen werden wir ab September 2024 an jedem zweiten Samstagvormittag eine offene Sprechstunde im dortigen Bildungs- und Betreuungszentrum (BiBB) in der Schulstr. 2 abhalten.
Bis auf weiteres ist hier keine Terminvereinbarung notwendig, wir werden nach Eintreffen (oder natürlich nach Dringlichkeit) die Behandlung durchführen.
In welcher Weise dann in der Zukunft ein Ausbau der Leistungen am Standort Bräunlingen erfolgen kann, wenn der Bedarf und das Interesse der Bevölkerung vorhanden ist, wird die Zeit zeigen. In jedem Fall auch dann ohne Einschränkungen für den Standort Schwenningen!
Wir hier im Team freuen uns nun sehr auf die Kooperation mit der Stadt Bräunlingen und dem dortigen Team!
Abschließend noch einmal meine Bitte an Sie, Sich bei jeglichen Fragen zu dem Projekt Zweigpraxis gerne vertrauensvoll an mich und mein Team zu wenden.
Ich danke fürs aufmerksame Lesen und Ihr Interesse und wünsche Ihnen eine gute Restwoche.
Ihr Mike Lübke mit Theresa Weißmann und Franzi Dickscheid